Eine besondere BR-Sprechstunde

Der Betriebsrat der Postniederlassung Berlin 2 hat mit Unterstützung der verdi-Betriebsgruppe eine besondere Sprechstunde mit dem Vizekanzler, der auch Spitzenkandidat der SPD zur Bundestagswahl ist, am 1. Mai durchgeführt.
Dabei ging es u.a. um die Bekämpfung des „Sozialabgabenbetrugs“, der Steuerflucht von Mitbewerbern wie z.B. AMAZON, aber auch um ökologische Fragen im Logistikbereich.
Die Betriebsratsmitglieder haben deutlich gemacht, dass es nicht angehen kann, dass der Wettbewerb im Post- und Paketbereich dazu führt, dass der Wettbewerber, der sich an Recht und Gesetz hält und zudem vorzeigbare Tarifverträge anwendet, letztendlich der „Dumme“ ist, weil Lohn- und Sozialdumping nicht konsequent genug vom Staat bekämpft wird. Deswegen sei es, so die Forderung, erforderlich, dass der Post- und Paketbereich nach dem Prinzip reguliert wird, das nur der Wettbewerber eine Lizenz bekommt, der nachweislich auch deutsche Gesetze einhält, ökologische Mindestvorgaben beachtet, Tarifverträge anwendet und keine Sub-Strukturen betreibt. Nur so kann verhindert werden, dass der Post- und Paketbereich zur Fleischindustrie 2.0 verkommt.
Olaf Scholz hat als Finanzminister und Vizekanzler deutlich gemacht, dass derzeit verstärkte Einstellungsaktionen laufen, um die Kontrollen gegen Schwarzarbeit und Sozialabgabenbetrug zu intensivieren. Dies ist ein erster Schritt zur Herstellung von mehr Wettbewerbsgerechtigkeit, auch im Post- und Paketbereich. Weitere müssen folgen.
Als Kanzlerkandidat hat er sich u. a. für die Anhebung des Mindestlohns auf 12,-€, für eine aktive Klimapolitik auch im Logistikbereich, gegen sachgrundlose Befristungen, für die Koppelung öffentlicher Aufträge an Tarifbezahlung sowie für einen generellen Ausbau der Tarifbindung in Deutschland ausgesprochen.
Als Fazit dieses besonderen Dialogs am 1. Mai kann man festhalten: Das Engagement, mit Politikern – insbesondere vor der Wahl – ins Gespräch zu kommen, ist ganz wichtig. Wenn wir nicht auf unsere Interessen und Forderungen hinweisen, überlassen wir das Feld Arbeitgeberverbänden und anderen Vereinigungen, die in der Regel nicht unsere Interessen im Blick haben.
Gleichgültigkeit schafft keine Gerechtigkeit – dieses Motto gilt ganz besonders vor Wahlen.
Frank Norkus, Betriebsratsvorsitzender