Mindestlohn: Jetzt greifen die Lobbyisten an

Unsere Wahlinitiative „Postler mischen sich ein“, hat sich für einen Mindestlohn von 12,00 € eingesetzt. In den Sondierungen zwischen SPD, Bündnis 90 / Die Grünen, FDP bestand Einigkeit dieser Forderung zu entsprechen. Jetzt treten die Lobbyisten an, das zu verhindern.

Der Kampf um den Mindestlohn ist noch nicht gewonnen. Jetzt gilt es gegenzuhalten.

Auf den in der Zeitschrift DER SPIEGEL vom 29.10.2021 erschienenen Artikel …

Private Konkurrenten der Post warnen vor massiven Jobverlusten durch höheren Mindestlohn

Private Konkurrenten der Post befürchten wegen der von SPD, Grünen und FDP geplanten Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro massive Jobverluste. »In unserer Branche drohen zwischen 10.000 und 15.000 Arbeitsplätze wegzufallen«, sagt Walther Otremba, Vorsitzender des Bundesverbands Briefdienste. Das wären bis zur Hälfte der Beschäftigten. »Durch die Anhebung könnte eine Lohnkostensteigerung von 25 Prozent entstehen, den die alternativen Briefdienste nicht an ihre Kunden weitergeben können.« Der Grund: Die Konkurrenten der Post müssen deren Großkundentarif unterbieten, um im Geschäft zu bleiben. Der ehemalige Staatsmonopolist hält die Preise für seine Geschäftskunden aber seit Jahren nahezu konstant, erhöht stattdessen nur das Porto für Privatkunden, bei denen kaum Konkurrenz herrscht. »Die Wettbewerber der Post stecken in der Kostenfalle«, sagt Otremba. Höherer Mindestlohn und unveränderte Großkundentarife der Post wären für viele Unternehmen »eine tödliche Kombination«. Axel Stirl, Chef der Pin AG, befürwortet höhere Mindestlöhne, um in seiner Branche »faire und sozial bessere Verhältnisse zu etablieren«. Aber: »Voraussetzung dafür ist, dass der Quasimonopolist Deutsche Post AG dies zulässt.«

… hat Rolf Büttner für die POSTLER WÄHLERINITIATIVE einen Leserbrief geschrieben:

Mindestlohn vernichtet Arbeitsplätze  –  Lobbyisten verbreiten Horrormeldungen

Private Konkurrenten der Post warnen vor massiven Jobverlusten durch höheren Mindestlohn, so Walther Otremba, Vorsitzender des Bundesverbands Briefdienste.

Das Horrorszenario vom Wegfall von 10.000 schlecht bezahlten Arbeitsplätzen wird an die Wand gemalt. Hier sollte man einmal innehalten: Bisher gibt es, außer bei der PIN AG kein Unternehmen aus dem Verband von Herrn Otremba, der trotz wiederholter Aufforderung, einen Tarifvertrag mit Verdi vereinbart hat. Die Branche ist dafür bekannt, dass sie insbesondere bei Teilzeitbeschäftigten mit „Aufstockern“ arbeitet. Das heißt die Bundesagentur für Arbeit subventioniert mit dem Geld der Arbeitnehmer eine Branche, die für ihre unsozialen Methoden bekannt ist. Das ist unsozial gegenüber der Allgemeinheit.

Unsozial ist auch, den Beschäftigten oftmals den bereits geltenden Mindestlohn zu verwehren. Die Branche ist dafür bekannt, dass durch Arbeitsorganisation und Arbeitszeiterfassung der Mindestlohn umgangen wird.

Ein Beispiel: So deckte der Zoll auf, dass es ein Postdienstleister unterließ mehrere Arbeitnehmer bei insgesamt 300 Gelegenheiten in einem Zeitraum von sechs Jahren ordnungsgemäß bei den für den Einzug von Sozialabgaben zuständigen Stellen anzumelden. Zusätzlich stellten die Zöllner fest, dass mehrere Beschäftigte keinen Arbeitslohn erhielten, tatsächlich geleistete Arbeitsstunden nachträglich gekürzt und nicht gewährte Pausenzeiten eingetragen wurden. Auch wurde zum Teil tatsächlich geleistete Arbeitszeit nicht in vollem Umfang entlohnt und Ehepartner von Arbeitnehmern auf geringfügiger Basis angemeldet, obwohl diese nie für die Firma tätig gewesen sind. Damit wurde der tatsächliche Lohnanspruch der jeweiligen Arbeitnehmer verschleiert.

Die unsoziale Kompetenz der Lobbyisten im Bundesverband Neue Briefdienstleister wird mit einem Blick, auf seine unrühmliche Vergangenheit deutlich:

Der Bundesverband ist aus dem „Arbeitgeberverband neue Brief und Zustelldienste“ (AGV NBZ hervorgegangen. Der versuchte mit allen Mitteln Tarifverträge zu verhindern und war auch so perfide, eine eigene Gewerkschaft, die aus dem Management bestand, zu gründen. Die „Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste“ (GNBZ) wurde als Briefkastenfirma des Arbeitgeberverbandes durch die Medienberichterstattung enttarnt. Die zwischen dem Arbeitgeberverband und der sogenannten Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge wurden als nichtig erklärt. Das Landesarbeitsgericht Köln hat per Beschluss festgestellt, dass die GNBZ nicht tariffähig ist.

Anfang 2011 hat sich der „Arbeitgeberverband neue Brief und Zustelldienste“ in Bundesverbands Briefdienste umbenannt, um seine unrühmliche Geschichte vergessen zu machen. An seiner unsozialen Politikausrichtung hat sich aber nichts geändert.

Wem soll nun das beschworene Szenario durch den neuen Mindestlohn Angst machen? Noch gilt er nicht. Bei der Deutschen Post werden schon heute händeringend Zusteller gesucht. Wer einen tariflich geschützten und sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz sucht, wird gern genommen.

In den Sondierungspapieren wird ein neuer Mindestlohn von 12,00 € als vereinbart angekündigt. Das muss so Bestand haben, Ausnahmen sind nicht zu gestatten.

Rolf Büttner